Umsetzung des Zieles für nachhaltige Entwicklung 16.9
Ohne offizielle Dokumentation ihrer Existenz können Menschen nicht wirksam am Rechtsverkehr teilnehmen. Das Fehlen einer rechtlichen Identität bedeutet offiziell nicht zu existieren. Ein Fünftel der Weltbevölkerung lebt ohne ausreichende Dokumentation ihrer Existenz und jährlich werden 50 Millionen Kinder ohne rechtliche Identität geboren. Diese alarmierenden Zahlen verdeutlichen welches Ausmaß das Problem hat. Es bedeutet nicht nur die Ausgrenzung aus vielen Bereichen des Alltags, wie beispielsweise dem Gesundheitswesen, Bildungseinrichtungen, Sozialleistungen und politischer Beteiligung, sondern erhöht auch das Risiko, Menschenrechtsverbrechen, wie Menschenhandel oder Kindesmissbrauch ausgesetzt zu sein. Diese Problematik, die Menschen oftmals machtlos und für Behörden unsichtbar macht, betrifft vor allem Flüchtlinge, die sich gezwungen sehen, ihre vom Krieg zerstörte Heimat zu verlassen und nicht in der Lage sind, schriftliche Dokumente vorzuweisen.
Das Fehlen von rechtlicher Dokumentation macht Menschen unsichtbar und machtlos
Neben dem erhöhten Diskriminierungsrisiko sehen sich Menschen ohne dokumentierte Beweise ihrer Existenz vielen weiteren Bedrohungen ausgesetzt. Besonders in unserer modernisierten Welt, die von zunehmender landesübergreifender Migration, wachsendem Bedarf an Sicherheit und steigenden Bevölkerungszahlen geprägt ist, ist es für Regierungen und Geschäftspartner essenziell, die Identität ihres Gegenübers kennen.
Nummer 16 der Ziele für nachhaltige Entwicklung enthält daher den Plan, bis 2030 rechtliche Identität für alle zu schaffen. (SDG 16.9). Es scheint jedoch ein Ding der Unmöglichkeit, ein funktionierendes einheitliches System zu entwickeln, das den am meisten gefährdeten Menschen der Welt eine rechtliche Identität ermöglicht.
Accenture und Microsoft haben sich nun dem humanitären Projekt gewidmet, ein digitales Identitätssystem zu kreieren, das eine legale ID für alle ermöglicht. Der Prototyp wurde im Zuge der „Unique Identity Platform“ von Accenture entwickelt und bei der ID2020-Konferenz letzten Jahres von Microsoft, Blackstab, Labs und ConsenSys präsentiert, eine Kooperation die sich den Herausforderungen stellen will, die mit dem Fehlen rechtlicher Identität einhergehen.
Eine globale ID basierend auf Blockchain-Technologie und biometrischen Daten
Das neue System will Flüchtlingen ermöglichen, ihre Identität mithilfe einer Smartphone-App zu bescheinigen und den Registrierungsprozess der Behörden an Landesgrenzen zu vereinfachen. Mithilfe einer Blockchain-Technologie und Cloud-Service-Anbietern soll das System Menschen und Einrichtungen auf der ganzen Welt ermöglichen, miteinander zusammenzuarbeiten. Das System kreiert eine legale Identität, indem es biometrische Informationen einer Person, wie beispielsweise einen Fingerabdruck, mit auf Blockchain-Technologie basierenden Datensätzen verknüpft.
Dank eines Off-Chain-Systems sind die Daten nur ihrem Besitzer zugänglich, sodass Flüchtlinge, die despotischen Regimen zu entkommen versuchen, nicht fürchten müssen, dass ihre Regierung Zugang zu ihren persönlichen Informationen erlangen könnte. Dritten ist es nicht möglich, auf die Daten zuzugreifen.
Weltbürger könnten Möglichkeiten erhalten, sich an globalen Entscheidungsprozessen zu beteiligen
Das vorgesehene System hat nicht nur das Potenzial, eine globale ID für alle zu ermöglichen und somit eine Gemeinschaft von “Weltbürgern” zu kreieren, sondern würde auch den Weg für neue Projekte ebnen, wie beispielsweise die Umsetzung von Online-Abstimmungen. Registrierte Weltbürger wären so in der Lage, sich Gehör zu verschaffen und auf globaler Ebene mitzubestimmen. Mit der Beteiligung einer ausreichenden Anzahl an Weltbürgern könnten sich zunächst unverbindlichen Umfragen Schritt für Schritt zu bindenden Wahlen und Abstimmungen entwickeln. Ein mögliches Projekt dieser Art wäre eine UN-Weltbürgerinitiative der UN-Generalversammlung, die Bürgern ermöglichen würde, Themen, die für sie von Bedeutung sind, auf die politische Agenda der Vereinten Nationen zu bringen.
Oberes Bild: Flüchtlingscamp Za’atari, 7. Dezember 2012. (UN-Foto/Mark Garten)