Laut der Global Challenges Foundation in Stockholm stimmen im internationalen Durchschnitt 67% der Befragten einer neuen globalen Umfrage in zehn Ländern der Aussage zu, dass „eine neue globale supranationale Organisation geschaffen werden sollte, die verbindliche globale Entscheidungen über den Umgang mit globalen Risiken trifft“.
Darüber hinaus stimmt eine Mehrheit von 77% über alle Länder hinweg zu, dass die UN reformiert werden muss, um „globale Risiken besser zu managen“.
Die Novus-Umfrage, die Anfang November veröffentlicht wurde, untersuchte die Einstellung der Bevölkerung zu globalen Risiken und Kooperation in Australien, Brasilien, China, Deutschland, Indien, Russland, Südafrika, Schweden, Großbritannien und den USA.
„Diese Umfrage zeigt, dass die Bürger auf der ganzen Welt Vertrauen in multilaterale Maßnahmen haben, sich aber dazu dringend wünschen, dass die politische Führung neue und bessere Wege findet, um die drängendsten globalen Risiken gemeinsam zu lösen“, sagte Jens Orback, der Geschäftsführer der Stiftung.
Eine klare Mehrheit der Befragten in allen Ländern sprach sich für verbindliche globale Entscheidungsmechanismen aus, die weitreichendste Idee, die in der Umfrage behandelt wurde. Die größte Zustimmung wurde in Indien (89%), China (80%), Südafrika (79%) und Brasilien (73%) verzeichnet, die Niedrigste in Schweden (51%).
Die Umfrage definiert, dass die vorgeschlagene neue Organisation „nicht die nationalen Regierungen ersetzt“, sondern bei bestimmten „eingegrenzten Themen“ globale Interessen “über die Interessen der Nationalstaaten“ stellen würde.
Bei dieser Frage unterschieden sich die Ergebnisse nur geringfügig im Vergleich zu früheren Umfragen, die von der Global Challenges Foundation in den Jahren 2017 und 2018 in Auftrag gegeben wurden (siehe unsere Berichte hier und hier). Im Jahr 2017 stimmten im Durchschnitt 71% zu, 2018 waren es 69%.
Föderalismus und Demokratie
Diese Ergebnisse scheinen im Widerspruch zu einer Aussage von UN-Generalsekretär António Guterres anlässlich des 75-jährigen Bestehens der Vereinten Nationen zu stehen, wonach „niemand eine Weltregierung will“.
Per Definition bedeuten verbindliche supranationale Entscheidungen, dass Länder Autorität und Souveränität an eine gemeinsame Organisation abtreten. Auf globaler Ebene würde dies wohl eine Weltregierung darstellen, auch wenn sie auf bestimmte Sachfragen beschränkt wäre.
Als Antwort auf Guterres‘ Idee, „eine globale Vision für das Jahr 2045“ – das hundertjährige Bestehen der UN – zu entwickeln, hat Demokratie ohne Grenzen im Laufe des Jahres 2020 eine Theory of Change für die nächsten 25 Jahre entwickelt, die schließlich bei einem virtuellen Treffen am 7. Oktober 2020 verabschiedet wurde. Wir glauben, dass bis 2045 „eine demokratische globale Verfassung mit einem von Bürgerinnen und Bürgern gewählten Weltparlament“ als Ergebnis einer erfolgreichen Revision der UN-Charta erreicht werden muss.
Es ist wohl wahr, dass niemand eine zentralistische Weltregierung will. Die Idee einer neuen Weltorganisation, die mit echter Autorität ausgestattet ist, ist nur dann realisierbar, so unsere Schlussfolgerung in der Theory of Change, wenn sie „auf dem Prinzip der Subsidiarität basiert, welches die Verantwortlichkeiten auf verschiedene Regierungsebenen verteilt“.
In einem Beitrag, der letztes Jahr auf diesem Blog veröffentlicht wurde sowie in unserem Buch von 2018, haben Jo Leinen und ich argumentiert, dass eine föderale und demokratische Weltregierung tatsächlich notwendig ist, wenn die menschliche Zivilisation überleben soll. Dies ist ein entscheidender Unterschied. Außerdem ist verbindliche supranationale Entscheidungsfindung nur dann möglich und akzeptabel, wenn sie demokratisch ist und wenn die teilnehmenden Mitgliedsstaaten selbst Demokratien sind.
Die Ergebnisse der von der Global Challenges Foundation in Auftrag gegebenen Umfragen sind ermutigend und scheinen darauf hinzuweisen, dass unsere Bemühungen im Einklang mit der weltweiten öffentlichen Meinung stehen. Ein Schlüssel zum Erfolg wird darin liegen, dieses Potenzial zu mobilisieren und in politischen Druck umzusetzen.
Wir hoffen, dass zukünftige Umfragen die öffentliche Meinung zur Idee eines demokratischen Weltparlaments als Gremium für verbindliche globale Entscheidungen erforschen werden.