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75 Jahre UNO: Unterstützung für ein Weltparlament, NGO-Forum im Mai

Screenshot from the Youtube recording of the online event on 24 April 2020

Die Notwendigkeit eines globalen parlamentarischen Organs, welches die BürgerInnen der Welt repräsentiert, wurde letzte Woche bei zwei virtuellen Veranstaltungen mit einem Online-Publikum von insgesamt mehreren hundert Personen hervorgehoben.

Berichten zufolge wird die UN-Generalversammlung im kommenden Monat darüber entscheiden, ob die UNO aufgrund der Coronavirus-Situation das jährliche Treffen der Staats- und Regierungschefs Ende September in New York vertagen muss. Nichtsdestotrotz sind diplomatische Verhandlungen über eine Deklaration zum 75. Jahrestag der UNO im Gange, die von den UN-Botschafterinnen Schwedens und Katars koordiniert werden.

Eine Krise der Global Governance

Am 23. April lud die Baha’i International Community in Zusammenarbeit mit der Together First- und der UN2020-Kampagne zur ersten von drei inoffiziellen Sitzungen über die bevorstehende Deklaration ein, an denen VertreterInnen von Regierungen und der Zivilgesellschaft teilnahmen.

Anschließend an Präsentationen von zwei UN-Botschaftern in New York hob der Geschäftsführer von Demokratie ohne Grenzen, Andreas Bummel, hervor, dass sich die Welt mitten in mehreren schweren Krisen befindet, die unmittelbare Aufmerksamkeit erfordern: eine globale Gesundheitskrise, eine humanitäre Krise, die Klimakrise, eine Flüchtlingskrise, geopolitische Spannungen, eine Vertrauenskrise, eine Krise des Multilateralismus, eine Liquiditätskrise bei der UNO und Angriffe auf die Demokratie weltweit.

Souveränität im klassischen Sinne ist ein Rezept für Katastrophen

Er betonte, dass dies seiner Ansicht nach „alles Symptome einer Krise der Global Governance“ seien, weil es globale Probleme gebe, aber die politischen Mittel, die zu deren Lösung zur Verfügung stehen, „sich auf der Ebene der Nationalstaaten und des Intergouvernementalismus befinden“.

In Bezug auf das Ziel der UNO, dass die Deklaration auf hochrangiger Ebene „zukunftsorientiert“ sein solle, sagte er, dass „es notwendig ist, ernsthaft über Schritte zu geteilter Souveränität im Rahmen supranationaler Vereinbarungen mit wirklicher Autorität nachzudenken, die über den traditionellen Multilateralismus und Intergouvernementalismus hinausgehen“.

Laut Bummel „ist in einer so vernetzten Welt wie der heutigen ein Beharren auf Souveränität im klassischen Sinne ein Rezept für Katastrophen“.

In einem ersten Schritt schlug er vor, dass „Maßnahmen erforderlich sind, um die Vertrauenskrise der globalen Institutionen zu überwinden und sie näher an die BürgerInnen und ihre gewählten VertreterInnen heranzuführen“. Insbesondere schlug er die Gründung einer Parlamentarischen Versammlung bei der UN, eine Anlaufstelle für die Zivilgesellschaft im UN-Sekretariat und das Instrument einer Weltbürgerinitiative vor.

Die UN75-Deklaration soll zumindest „einen Post-2020-Prozess in Gang bringen, der das System der Global Governance evaluiert“. Bummel betonte, dass die Einrichtung einer unabhängigen Kommission für Global Governance „der wichtigste umsetzbare Punkt“ im Entwurf der NGO-Schattendeklaration zu UN75 sein könnte.

Online-Seminar am Tag des Multilateralismus

Am 24. April organisierte die Global Challenges Foundation in Stockholm in Zusammenarbeit mit dem schwedischen Außenministerium ein Online-Seminar, an dem u.a. die schwedische Außenministerin Ann Linde, der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn und der Berater des UN-Generalsekretärs zum 75-jährigen Bestehen, Fabrizio Hochschild, teilnahmen. Die 90-minütige Live-Veranstaltung wurde aufgezeichnet und kann hier auf Youtube angesehen werden.

Einer der Hauptredner war Augusto Lopez-Claros, Mitverfasser des neuen Buches Global Governance and the Emergence of Global Institutions for the 21st Century, das open access verfügbar ist, und einer der Gewinner des New Shape-Preises, der 2018 von der Global Challenges Foundation organisiert wurde.

Über sieben Jahrzehnte hinweg sind globale Institutionen unverändert geblieben

Laut Lopez-Claros „ringen die Institutionen, die wir haben, mit den Herausforderungen einer zunehmend vernetzten und interdependenten Welt“. In “hohem Maße” seien sie in den letzten sieben Jahrzehnten „in der Zeit stecken geblieben“. „Die Folge davon ist, dass wichtige weltweite Fragen vernachlässigt werden und wir Gefahr laufen, von einer breiten Palette von Problemen überrollt zu werden“, sagte der ehemalige Weltbank-Beamte.

Einer der von ihm erwähnten Vorschläge aus dem Buch ist die Schaffung einer Parlamentarischen Weltversammlung als „zweite Kammer“ der UNO. Er wies darauf hin, dass „die Präambel der UN-Charta mit ‚Wir, die Völker‘ beginnt, aber die Männer und Frauen, die der Generalversammlung angehören, sind Diplomaten, die die Exekutive ihrer jeweiligen Regierung vertreten. Oft gibt es keine sinnvolle, direkte Verbindung zwischen ihnen und dem Volk, das sie vertreten“.

Während der Diskussion enthielten sich die Außenminister sowie die UN-Botschafterinnen Schwedens und Katars einer Stellungnahme zu diesem Vorschlag.

Zivilgesellschaftliche Deklaration in Planung

In der Zwischenzeit veranstaltet die zivilgesellschaftliche UN2020-Initiative in Zusammenarbeit mit zahlreichen Partnern einen Online-Prozess zur Vorbereitung einer Schattendeklaration, die auf einem virtuellen NGO-Forum verabschiedet werden soll, welches nun für den 14. bis 15. Mai 2020 vorgesehen ist. Eine Voranmeldung ist hier möglich.

Laut UN2020 soll das Forum zusammen mit Together First organisiert werden, um „entscheidende virtuelle Dialoge der Zivilgesellschaft und der Interessenvertreter zu ermöglichen, damit Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der UN75 People’s Declaration & Program of Action angenommen und diskutiert werden können“. UN2020 erklärte, dass „das verbindende Thema des Forums die Förderung eines bürgerzentrierten Multilateralismus ist, mit einem Schwerpunkt sowohl auf der Auseinandersetzung mit globalen Risiken als auch auf der Revitalisierung der UNO“.

UNO-Bericht enthält keine konkreten Vorschläge

Ein Zwischenbericht, den das UNO-Sekretariat in der vergangenen Woche zum 75. Jahrestag veröffentlicht hat, hebt hervor, dass „eine überwältigende Mehrheit von 95 Prozent“ der Befragten in ihrer Online-Umfrage der Meinung war, dass internationale Zusammenarbeit wichtig ist, „um globale Trends zu steuern“. Der Bericht erwähnt jedoch keine konkreten Vorschläge zur UNO-Reform, die in der Umfrage oder von der Zivilgesellschaft, u.a. bei UN75-Veranstaltungen wie auf dem jüngsten Friedensforum von PyeongChang, vorgelegt wurden.

Anfang dieses Monats erklärte der UN-eigene Unabhängige Experte für die Förderung einer demokratischen und gerechten internationalen Ordnung, Livingstone Sewanyana, dass „die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte das Recht eines jeden anerkennt, sich direkt oder durch frei gewählte Vertreter an öffentlichen Angelegenheiten zu beteiligen. Dieses Recht ist nicht auf lokale Angelegenheiten beschränkt und erstreckt sich auch auf globale Institutionen. Eine UN-Weltbürgerinitiative und eine Welt-Parlamentarierversammlung bei der UNO stellen innovative Mechanismen für die Beteiligung der Bürger an globalen Angelegenheiten dar, mit denen ich mich mit Nachdruck identifiziere“.

Übersetzt aus dem Englischen von Sabina Triseckin

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