In der vor kurzem veröffentlichten zehnten Ausgabe des Demokratie-Index vermeldet die Economist Intelligence Unit (EIU) die schlechteste Performance der globalen Demokratie seit 2010-11 in Folge der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise. Ein besonderer Schwerpunkt des diesjährigen Berichts liegt auf dem Stand der weltweiten Medienfreiheit und den Herausforderungen, denen sich die Meinungsfreiheit gegenübersieht.
Momentaufnahme der Demokratie weltweit
Der Bericht hat zum Ziel, eine Momentaufnahme des weltweiten Zustands der Demokratie abzubilden und erfasst 165 unabhängige Staaten und zwei Territorien, die fast die gesamte Weltbevölkerung abdecken. Jedes Land wird mit Hilfe von fünf Kategorien bewertet: Wahlprozess und Pluralismus, Bürgerrechte, Funktionsweise der Regierung, politische Partizipation und politische Kultur. Auf Grundlage von rund 60 Indikatoren wird jedes Land in eine von vier Regimearten eingeteilt: «vollständige Demokratie», «unvollständige Demokratie», «Hybridregime» oder «autoritäres Regime».
Weltweit ist die Demokratie im Jahr 2017 in 89 Ländern zurückgegangen
Dem Bericht zufolge sank der globale Durchschnittswert, der auf einer Skala von 0 bis 10 gemessen wird, von 5,52 im Jahr 2016 auf 5,38 im Jahr 2017. Insgesamt verschlechterte sich der Wert in 89 Ländern, 27 Länder verbesserten sich und 51 stagnierten. Keine Region konnte ihren Durchschnittswert verbessern.
Während skandinavische Länder die Spitzenplätze belegen, schneidet Nordkorea am schlechtesten ab, gefolgt von Syrien und dem Tschad. Gambia gilt aufgrund des ersten demokratischen Machtwechsels als «Star-Performer» im Jahr 2017. Ein großer Rückschlag wurde für Spanien verzeichnet, das zwar noch immer als «vollständige Demokratie» gilt, dessen Punktzahl jedoch infolge der Maßnahmen der Regierung während des Referendums in Katalonien um 0,22 sank. Venezuela wandelte sich von einem «Hybridregime» zu einem «autoritären Regime», während die Diktatur allmählich Fuß fasst. Indien und Indonesien erlitten starke Rückgänge, so dass Australien und Neuseeland die einzigen «vollständigen Demokratien» in der Region Asien und Australasien bleiben. In Osteuropa setzte sich der Rückzug der Demokratie als Symptom von schlechteren demokratischen Voraussetzungen fort. Die MENA-Region, durchdrungen von absoluten Monarchien, autoritären Regimes und militärischen Konflikten, blieb die am niedrigsten bewertete Region und verschlechterte ihre Punktzahl im Jahr 2017 erneut.
Ein besonderes Augenmerk auf die Meinungsfreiheit
In ihrem Bericht für 2017 legte die EIU einen besonderen Schwerpunkt auf die Meinungsfreiheit als der «wichtigsten Freiheit von allen» und erstellte einen «Media Freedom Index», um den Stand der Meinungs- und Medienfreiheit weltweit zu messen. Dem neuen Index zufolge hat weniger als die Hälfte der Weltbevölkerung Zugang zu freien oder teilweise freien Medien und nur 30 von 167 Ländern wurden als «völlig frei» eingestuft. Es ist nicht verwunderlich, dass zwischen der Bewertung der Medienfreiheit und dem Demokratie-Index eine direkte Korrelation besteht.
Der Bericht benennt drei wesentliche Gefahren für die Meinungsfreiheit: (1) Einschränkungen durch Staaten und Regierungen in Form von direkter Zensur und Verfolgung, Verleumdungsgesetze, Terrorismusbekämpfungsgesetze, Blasphemie und Hassreden; (2) Bedrohungen durch nichtstaatliche Akteure durch Einschüchterung, Drohungen, Gewalt und Mord; (3) Bedrohungen, die von denjenigen ausgehen, die auf ihrem Recht beharren, «nicht beleidigt zu werden», was zur Entstehung von Selbstzensur, Konformität, «sicheren Räumen», Triggerwarnungen, dem Verbot von Boulevardzeitungen und der Überwachung des Internets geführt hat und laut Bericht dazu benutzt werden kann «ein breites Spektrum politischer Ansichten zum Schweigen zu bringen».
Dem Bericht zufolge sind immer mehr Menschen enttäuscht und verlieren ihr Vertrauen in das Funktionieren der Demokratie und der öffentlichen Institutionen. Das britische Brexit-Referendum im Juni 2016 und die Wahl von Donald Trump in den USA sei eine Materialisierung dessen, was als «Ausdruck einer tiefen Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem Status quo und der Sehnsucht nach Veränderung» gilt.
Da die freie Meinungsäußerung ein wesentlicher Bestandteil der Fähigkeit des Einzelnen ist, seine Regierung zur Rechenschaft zu ziehen und da Zensur und Medienkontrolle auch in etablierten Demokratien immer häufiger vorkommen, weist der Bericht darauf hin, wie wichtig es ist, diese Bedrohungen anzugehen und zu beobachten. Aber vielleicht noch wichtiger ist es, dass uns der Bericht aufklärt, dass die Meinungsfreiheit und die sozialen Medien missbraucht und zu einer Bedrohung von innen werden können.
Bild: Titelbild des EIU Democracy Index 2017
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